Comedy Gloria Theater Live Musentempel Musik Popolski Review

Geht der Katastrophe lossss

Wer uns zum Geburtstag einlädt, darf sich nicht wundern, wenn er dafür irgendwann einmal einen Abend opfern und mit vielen ungewöhnlichen Leuten verbringen muss – ’s ist halt so … Schenken macht besondere Vorfreude, wenn wir wissen, dass das Geburtstagskind für einigen Blödsinn zu haben ist. Welche Folgen allerdings dieses Geschenk

auf Dauer haben sollte, konnten wir nicht im Traum erahnen.

Rückblick: Ostern 2008 machten die Popolskis Furore, als sie in einer Nacht- und Nebelaktion den WDR-Programmplan schwer durcheinanderwirbelten. Statt der üblich verdächtigen und angekündigten Comedysendung flimmerte und rauschte es gewaltig in der Glotze, bis ein paar skurril-polnische Typen Licht ins Dunkel brachten. Die Enkel des Erfinders der Popmusik – Opa Piotr Popolski – enterten den WDR, unser Humorzentrum, unsere Ohren und Herzen an drei Abenden mit hanebüchenen Geschichten sowie genialer Musik. Die Idee ward geboren, sich diese Geschichte mal in echt live erzählen zu lassen … Wem können wir das nur schenken? Ein Opfer war schnell gefunden! ;-)

Gedacht  – getan – und so stehen wir also am 25. Oktober 2008 zu fünft in einer langen Schlange vorm ausverkauften Gloria Theater in Köln. Es dauert ein Weilchen, bis die Security jeden einzelnen gecheckt und von unerwünschten Gegenständen befreit hat – etliche hochprozentige Flaschen landen laut klirrend im Container.

Das Gloria Theater ist ein umgebautes Programmkino aus den 50ern und bietet bis zu 950 Stehplätze. Die Wände des Konzertsaals sind plüschig-kuschelig mit rotem Samt verkleidet. Der Boden ist von vorne nach hinten ansteigend, so dass man auch von den hinteren Plätzen den Überblick bewahren kann. Das Personal ist flott und ausgesprochen freundlich. An diesem Abend ist das Getränkeangebot dem Anlass entsprechend polnisch angehaucht – es gibt Wodka in vielen Varianten. ;-) Der Sound war nicht so berauschend, was aber vielleicht auch daran lag, dass wir direkt vor den Drums standen.

Die pseudo-polnischen Popolskis haben mit Anspielung auf sich hartnäckig haltende Vorurteile auch die Bühne fleißig mit Wodkaflaschen dekoriert: Am Schlagzeug, beim Keyboard … ach egal, überall stehen Flaschen und ein paar Tabletts mit (halb) gefüllten Schnapspinnchen. Die gehören zur Show, ebenso wie die Stimme aus dem Off, die uns das Märchen die einzig wahre Geschichte der Popmusik – von der Erfindung bis zum tragischen Verlust – erzählt, was auf einer Leinwand durch Einblendung geschichtsträchtiger Fotos erheiternd untermauert wird. Die Party kann beginnen – um es mit Pavel zu sagen „Da geht der Post ab durch der Decke“.

Der harte Kern der Band,

  • Achim Hagemann (Pavel),
  • Mirko van Stiphaut (Mirek),
  • Daniel Basso (Danusz),
  • Martin Ziaja (Janusz) und
  • Markus Grieß (Marek),

eröffnet die Show und bringt das Publikum mit der Familienpoppolkahymne „Ras Popolski“ gewaltig in Schwung. Ich habe es selten erlebt, dass Konzertbesucher bereits beim ersten Lied so aus der Reserve gelockt werden.

Der Saal kocht und tobt und das bleibt bis zum letzten Ton so. Kleine Atempausen gibt es höchstens während der Wudkapausen oder wenn neue Details der Popgeschichte und der ersten Mondlandung schonungslos offengelegt werden. Anfangs werden auch die mit Wodka gefüllten Pinnchen im Publikum verteilt und das richtige Wudka-Trink-Prozedere eingeübt (Schade nur, dass das hier den ein oder anderen im Publikum ermutigte, seinen persönlichen Alk-Höchst-Level auszutesten.).

Im Laufe des Abends beleben abwechselnd weitere Künstler die Bühnenszene:

  • Henning Schwarzhoff (Isidor),
  • Iva Buric-Zalac (Dorota),
  • Ludwig Götz (Henjek),
  • Rüdiger Testrut (Stenjek) und
  • Andreas Schleicher (Andrzej)

bringen jeder eine eigene Geschichte und wundervolle Songs mit. Es sind Lieder, die wir alle – allerdings völlig verhunzt – aus den Charts zu kennen glauben. Die Familie Popolski rückt nun diese Geschichte zurecht, nennt Daten, Fakten sowie Namen derjenigen, die sich mit krimineller Energie des popolskischen Lebenswerks bemächtigt haben. Gleichzeitig wird mit voller Lautstärke der virtuos klangvolle Beweis angetreten, um welchen Ohrenschmaus wir all die Jahre gebracht wurden. Wir müssen erkennen, dass das – was Bohlen und Co. uns all die Jahre zugemutet haben – im Vergleich zum Popolski-Original an Körperverletzung grenzt.;-)

Alles in allem eine mehr als gelungene Mischung aus Comedy und Musik.

Dieser Abend ist Teil des Köln Comedy Festivals und im Publikum feiern so manch andere Comedians dieses Festivals einfach mit und haben ebenfalls diebischen Spaß an der Show. Zwei davon – Carolin Kebekus und (vermutet) Sedar Somuncu –

wagen sich dann noch im Zugabenteil „schmutzig Polka tanzend“ mit auf die Bühne und bringen „Time of my Life“ zum Besten.

Ein absolut unvergesslicher Abend der nach Wiederholung geradezu schreit! Diesem Schrei folgen wir in den folgenden Jahren nur zu gerne …

Linktipps:

Fotogalerie:

Fotos: Stefan Schmidt
(Leider nur mit Hosentaschen-Minimalstausrüstung – Lumix DMC TZ3 – geschossen ;-))

Veröffentlicht am 19. September 2011.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert