Kult(o)ur Live Musik Review

Irdische Schwerelosigkeit – Nils Wülker im Stadtgarten 20.04.2015

Ein himmlischer Tag im April, Frühling wie aus dem Bilderbuch, man + frau trägt wieder T-Shirt und zeigt (blasses) Bein, Fahrradfahrer üben sich im rasanten Umfahren stehender und beweglicher Hindernisse, überall lauern Taxifahrer und Straßenbahnen, pulsierendes Leben inmitten von Häuserschluchten, freie Parkplätze sind rar und teuer zahlbar im Viertelstundentakt fast rund um die Uhr – wir Landeier sind in Köln angekommen … Aufatmen! Der Biergarten des Stadtgartens lädt zu geselligem Verweilen bei Bier und/oder anderen Genüssen ein. Dass wir hier widerstehen liegt an einem anderen unwiderstehlichen Vergnügen: Nils Wülker und Band im Konzertsaal des Stadtgartens.

Wir gehen rein, die Abendsonne muss leider draußen bleiben. Bis zum Beginn des Konzerts ist für Stefan und mich gerade noch Zeit etwas zu trinken (alkohohlfreies Weizen und einen Rotwein – beides zusammen günstiger als die am Ende des Abends geparkte Zeit ;) ). Das Konzert ist fast ausverkauft, der Saal mit schätzungsweise 500 Besuchern gut besucht. Stehplätze … find‘ ich gut!

„UP“ heißt das aktuelle Album Nils Wülkers. Es erschien knapp zwei Monate zuvor, am 27.02.2015. Jazztrompeter Nils Wülker begibt sich mit diesem Werk auf neues Terrain, verbindet seinen eh schon immer sehr melodischen Jazz mit eingängigem Pop und holt sich dazu noch sieben ausdrucksstarke Stimmen und andere Musikgrößen an seine Seite. In den Jazz-Album-Charts März landete UP auf Platz 2 und ist sogar in den Pop-Album-Charts auf Platz 55 eingestiegen.

Soweit die vorab angelesene Theorie kurz zusammengefasst, denn von den 13 Tracks des Albums kenne ich zu Beginn des Konzertes nur ein einziges: Season mit dem wunderbaren Max Mutzke – ein zutiefst berührendes, emotionales Stück (Das Video zum Song habe ich hier verlinkt). Ansonsten gehe ich ziemlich „unvoreingenommen“ in den Abend und bin gespannt, ob es Nils Wülker  mit seiner genialen Band auch dieses Mal wieder gelingen wird, uns vom ersten Ton an zu überzeugen.

Während draußen die Sonne langsam untergeht, geht sie im Konzertsaal direkt schon wieder auf. An den Anfang des Konzerts hat Nils Wülker die zarte Ballade Dawn gesetzt … langsames, sanftes Erwachen eines atmosphärisch dichten Konzertabends. Man braucht sich nur fallen lassen auf diesen harmonisch geknüpften Klangteppich, der durch die Konzerthalle des Stadtgartens schwebt. Die Musik füllt den Raum und trägt, alles andere wird nebensächlich – es bleibt nur der Moment …

Wie bereits bei früheren Wülker-Konzerten schmeicheln sich auch die mir bis jetzt unbekannten Songs sofort in den Gehörgang und finden unbeirrbar ihren Weg ins Herz … oder in die Beine, denn mancher Titel groovt ungemein – UP live ist ein ausdrucksstarker und abwechslungsreicher Flirt zwischen Jazz, Pop, Soul, Funk und Rock. Hatte Nils Wülker bereits mit seinem Album „6“  einen beachtenswerten Ausflug in rockige Gefilde unternommen, so ist er mit UP wieder einmal zu neuen Ufern aufgebrochen, ohne aber seine musikalischen Wurzeln zu verleugnen. Man kann bei diesem Konzert abwechselnd beseelt die Augen schließen, sich von den Melodien mitnehmen lassen, tanzen, schnippen oder auch nur fasziniert den fünf Musikern auf die Finger schauen. Diese sind:

Nils Wülker
mit Trompete und Horn gibt er seinen Songs eine unverwechselbare Stimme:

Jazz mit einem Hauch von Pop, Funk und Rock füllt klangvoll den Konzertsaal des Stadtgartens Köln - Nils Wülker stellt sein neues Album "UP" vor - 20.04.2015 /Foto: Stefan Schmidt www.kultpix.de
Nils Wülker

Lars Duppler
intensives warmes Spiel an den Tasten, von Anfang bis Ende beflügelnd:

Jazz mit einem Hauch von Pop, Funk und Rock füllt klangvoll den Konzertsaal des Stadtgartens Köln - Nils Wülker stellt sein neues Album "UP" vor - 20.04.2015 /Foto: Stefan Schmidt www.kultpix.de
Lars Duppler

Arne Jansen
6 Saiten hintergründig zart begleitend oder überbordend temperamentvoll bespielt:

Jazz mit einem Hauch von Pop, Funk und Rock füllt klangvoll den Konzertsaal des Stadtgartens Köln - Nils Wülker stellt sein neues Album "UP" vor - 20.04.2015 /Foto: Stefan Schmidt www.kultpix.de
Arne Jansen

Edward Maclean
Geburtstags“kind“ des Abends mit very good Vibrations am Bass:

Jazz mit einem Hauch von Pop, Funk und Rock füllt klangvoll den Konzertsaal des Stadtgartens Köln - Nils Wülker stellt sein neues Album "UP" vor - 20.04.2015 /Foto: Stefan Schmidt www.kultpix.de
Edward Maclean

Benny Greb
der jeden Zentimeter seines Schlagzeugs als Klangquelle zu nutzen weiß und mit überraschender Stille kunstvolle Akzente setzt:

Jazz mit einem Hauch von Pop, Funk und Rock füllt klangvoll den Konzertsaal des Stadtgartens Köln - Nils Wülker stellt sein neues Album "UP" vor - 20.04.2015 /Foto: Stefan Schmidt www.kultpix.de
Benny Greb

In genau dieser Zusammensetzung begeisterten sie uns schon vor zwei Jahren; ein gut eingespieltes Ensemble mit großer Spielfreude. Nicht nur musikalisch sondern auch mit kurzen launigen Moderationen hält Nils Wülker alle Fäden in der Hand, setzt seine unverwechselbaren Akzente ohne sich aber zu stark in den Vordergrund zu spielen. Er lässt seinen Kollegen viel Raum als Solisten zu glänzen – sehr souverän und sympathisch.

Die aktuellen Titel wechseln sich ab mit Stücken älterer Alben, eine – wie ich finde – sehr gelungene Mischung. Von Anfang an war klar, dass Nils Wülker die auf dem Album vertretenen Sängerinnen und Sänger nicht (alle) mit auf Tour nehmen kann. Ich meine, für uns Zuschauer hätte das zweifellos seinen ganz besonderen Charme gehabt, aber … ;)

Die Antwort auf die Frage, ob bzw. wie die Gesangsstücke auf die Bühne gebracht werden, ohne die Erwartungen des Publikums zu enttäuschen, lautet hier und jetzt und live: Robert (Rob) Summerfield

Nils Wülker im Stadtgarten Köln /Foto: Stefan Schmidt www.kultpix.de
Robert (Rob) Summerfield

Und was der junge Rob Summerfield hier liefert, ist gut … ist richtig gut. Mit rauchig-samtener Stimme gibt er den fünf an diesem Abend gespielten Gesangsstücken seine ganz eigene gefühlvolle Farbe und überzeugt als Sänger – nicht als „Ersatz“ oder „Kopie“. So ist das Konzert auch in diesem Punkt ein durch und durch stimmiger Genuss.

Setlist:

  • Dawn (UP 1)
  • Bridges (UP 10)
  • A Fine Line (UP 3)
  • Worth The Wait (UP 9 – Feat. Jill Scott)
  • Homeless Diamond (UP 6 – Feat. Lauren Flynn)
  • High and Rising (Just Here Just Now 7)
  • Today’s Gravity (Just Here Just Now 5)
  • Safely Falling (Safely Falling 1)
  • Season (UP 2 – Feat. Max Mutzke)
  • Confluence  (UP 5)
  • Keep on Walking (UP 11 – Feat. Sasha)
  • Prism (UP 13)
    ——————-
  • Happy Birthday to Edward (Publikumschor)
  • Three Grains of Saffron (UP 7 – Feat. David McAlmont)
  • Stripped (mY GAme 6)

Das Köln-Konzert war leider der Abschluss der Frühlingstour … aber … neben einigen Sommer-Festival-Terminen stehen ja schon die Termine für die Herbsttour fest:

  • 21.06.2015   Worms, Jazz And Joy Festival (17.30h)
  • 15.08.2015   Rostock, see more jazz Festival
  • 26.09.2015   Viersen, Internationales Jazzfestival
  • 02.10.2015   Mainz, Frankfurter Hof
  • 03.10.2015   Hannover, Jazz Club
  • 04.10.2015   Worpswede, Music Hall
  • 07.10.2015   Aschaffenburg, Colos-Saal
  • 08.10.2015   Stuttgart, Bix
  • 09.10.2015   Hameln, Lalu Traumfabrik – Hamelner Jazztival
  • 10.10.2015   Oldenburg, Kulturetage
  • 11.10.2015   Herdecke, Werner Richard Saal
  • 12.10.2015   Bonn, Harmonie
  • 13.10.2015   Kassel, Theaterstübchen
  • 14.10.2015   Lüneburg, Salon Hansen
  • 15.10.2015   Kiel, Kulturforum

Fotos: Stefan Schmidt – kultpix (Mausklick = größer)

2 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

    1. Eva-Maria Schmidt sagt:

      Meine auch. Die CD habe ich mir vom Konzert mitgebracht und immer und immer wieder gehört.
      Liebe Grüße auch an Dich,
      Eva

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