Eltzhof in Köln-Porz. Die zweite Lesung in einer Woche. Wobei der plakatierte Begriff „Lesung“ den Kern der heutigen Veranstaltung wohl nicht so ganz trifft. Wir sind hier und heute bei zwei alten Bekannten in der guten Stube zu Gast. Die beiden haben keine Kosten und Mühen gescheut, ihr Wohnzimmer ausgeräumt und fahren mit dem gesamten Mobiliar quer durch die Republik – hunderte Kilometer fern ihrer Heimat Zabrze …
Zabrze – klingelt bei dem Namen etwas? Nein? Dann habt ihr mindestens die letzten 10 Jahre Musikgeschichte verschlafen! Denn aus Zabrze in Polen stammen die Nachfahren des Erfinders der Popmusik und noch vieler anderer unverzichtbarer Errungenschaften der Jetztzeit: Opa Pjotrek Popolski.
Auf unglaublich dreiste Weise wurde dieser geniale Erfinder allerdings um die Früchte seiner Erfindungen gebracht – er wurde bestohlen, bevor er von seinem Erfindungsreichtum angemessen profitieren konnte. Nur gut, dass sich seine (vielen vielen) Enkel unermüdlich auf den Weg machten, der Welt die Wahrheit zu berichten, den Ruhm Stück für Stück zurück zu erobern und die Polka in die Herzen der Menschen zu bringen (ich habe hier im Blog schon mehrfach über die Großfamilie berichtet).
Tja, und genau an dem Punkt, als die Hallen groß und größer wurden, die Welt ihnen zu Füßen lag, die Menschen ihnen Polka tanzend absolut alles glaubten, was sie berichteten und musizierten … genau da verkündeten die Popolskis ihre ultimativ letzte Abschiedstournee. Ganz ehrlich, ich hielt es für einen (nicht besonders guten) Aprilscherz, als sie im April 2014 noch einmal tief zu einem letzten nachhallenden Paukenschlag ausholten – unvergesslich ihre letzten Shows, was den Abschied nur noch schmerzlicher machte.
Die Popolski-Show ist Geschichte – eine Geschichte, die ein gewisser Achim Hagemann in seinem Buch „Der Familie Popolski“ verarbeitete. Glücklicherweise war dessen Recherche nicht sonderlich sorgfältig und damit Grund genug für Familienoberhaupt Pawel Popolski, mit diesem streitbaren Werk samt polnischem Wohnzimmer sowie Cousinetschka Dorota auf Lesereise zu gehen und höchstpersönlich die gröbsten Fehler des Achim Hagemann zu korrigieren. Und Pawel wäre nicht Pawel Popolski, wenn er seine einzig wahre Geschichte zum Buch nicht auf die ihm so eigene typische Art und Weise mit extremst viel Wodka, märchenhaft anmutenden Erzählungen, polkagetakteter Musik und spitzbübischem Funkeln in den Augen unter die Menschen bringen würde. Unter dem Titel „Der wissen der Wenigste“ wird atemberaubend ehrlich zurechtgerückt, was auch nur halbwegs zurecht zu rücken ist.
Attraktive, stimmgewaltige und trinkfeste Unterstützung erhält er dabei von seiner Cousinetschka Dorota …
… und vom Jüngsten der Familie, Janusz, der mittels zukunftsweisendster Technik live auf die Bühne geschaltet wird.
Der Eltzhof ist bis auf den letzten Platz ausverkauft. Und bis auf den letzten Platz vergessen hunderte erwachsene, wohl situierte Menschen ihre gute Kinderstube, zählen auf Kommando in einer ihnen (den meisten jedenfalls) fremden Sprache bis vier, kippen Wodka und werfen Gläser hinter sich. Pawel hält mit viel polnischem Charisma alle Fäden in der Hand, die Menschen folgen ihm blindlings durch den familiären launigen Abend. Das Publikum ist dabei fester Teil der Show, denn mit scharfem Blick und offenen Ohren entgeht Pawel nicht die leisest umgekippte Flasche „Eierlikör“, die postwendend mit liebevollem Spott gefüllt über der entsprechenden Publikumsreihe wieder ausgeschüttet wird. Das Spiel mit dem Publikum – Pawel und Dorota beherrschen es perfekt.
Apropos Dorota – nur, dass mir hier KEINE sagt, ich hätte sie nicht gewarnt. Wer von uns Frauen in männlicher Begleitung diese Show besuchen möchte, sollte unbedingt vorher alle finanziellen Angelegenheiten zu ihren Gunsten geklärt haben. Sie könnte sonst nachher nicht nur um eine große Liebe, sondern auch um ein Vermögen ärmer sein. Denn neben Männern hat Dorota ein besonderes Faible für Geld. Beides schmilzt bei ihrem Anblick, ihrem Gesang und in ihren Händen dahin, wie Eis in der Sonne … so schnell kann Frau gar nicht zuschauen. ;)
Das popolskische Wohnzimmer zieht nun weiter von Ort zu Ort, bestimmt auch irgendwo in Eurer Nähe. Es sind noch viele viele Termine angekündigt. Einfach mal auf der Popolski-Homepage oder unter Facebook reinschauen.
Reinschauen könnt Ihr jetzt noch in die Fotogalerie – Mausklick = größer
Da ich quasi ein ‚outsider‘ bin, nicht ‚in der Materie‘ drin, verstehe ich zwar nicht alles, aber in deinem wunderbar geschriebenen Bericht, untermalt mit tollen Fotos, kommt eine Menge der Stimmung rüber. Aber meine Kaffeetasse werfe ich jetzt nicht hinter mich …
LG, Ingrid